
Forschung in den Grauzonen
Wie die Digitalisierung die Forschung am Mammakarzinom verändert

Katharina Eser
Business Innovation Managerin bei PreciPoint GmbH
- Oktober 21, 2021
- 10:34 am
- Digitale Mikroskopie
Brustkrebs ist die mit Abstand häufigste Erkrankung bei Frauen in Deutschland und weltweit. Daher macht der Brustkrebsmonat Oktober bereits seit 36 Jahren auf Prävention, Behandlung und Forschung aufmerksam. Wir haben mit Paul Jank gesprochen. Er ist Science Manager und Biotechnologe am Institut für Pathologie an der Philipps Universität Marburg. Dort steht nicht nur die größte Biobank für das Mammakarzinom. Dort werden auch wichtige Aspekte der Erkrankung erforscht – immer auf der Suche nach noch individuelleren Therapieansätzen.
Sie arbeiten als Science Manager für die Translationale Tumorforschung an der Philipps Universität Marburg. Wie genau sehen Ihre Aufgaben aus?
Was für Möglichkeiten von Daten, Biomaterialien und Methoden gibt es da?

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Die Universität Marburg widmet sich seit Jahren speziell dem Thema Brustkrebs. Seit 2003 sind gibt es dort das Brustzentrum Regio, das von der deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie zertifiziert wurde. Können Sie uns erklären, wie diese Beteiligung genau aussieht?
Die Uni Marburg ist Teil eines großen Forschungsverbundes. Welche Ziele und Vorteile hat diese Beteiligung?
Unter der Leitung von Prof. Dr. Carsten Denkert beteiligt sich die Philipps-Universität am EU-geförderten Projekt BIGPICTURE - Central Repository for Digital Pathology. Können Sie uns erklären, worum es dabei geht?
Paul Jank: Im Grunde geht es da um die Harmonisierung von Daten. Einfach ausgedrückt versuchen akademische Partner aus ganz Europa und Vertreter der Pharmaindustrie Richtlinien festzulegen, wie wir Daten von digitalisierten histologischen Schnitten und deren Metadaten harmonisieren. Ziel ist es, ein Archiv mit digitalen Kopien von etwa 3 Millionen Objektträgern zu erstellen, die eine Reihe von Krankheitsbereichen abdecken. Das soll Datengrundlage sein, um neuronale Netzwerke zu trainieren. Dafür müssen wir erstmal die Infrastruktur schaffen, um diese Millionen von Daten zu harmonisieren. Und natürlich müssen wir Richtlinien festlegen, wie wir es schaffen, eine einheitliche Sprache zu sprechen. Zudem muss natürlich auch der Datenschutz gewährleistet sein.
Man kann sagen, dass die Vernetzung der Schlüssel ist. Die Möglichkeiten sind quasi unendlich, wenn die Daten dieselbe Sprache sprechen?

Man hat eine These und das Ergebnis ist super, aber gleichzeitig auch ein wenig schwarz und weiß. Und dann geht man wieder an das Thema ran und beschäftigt sich mit den Grauzonen. Und das ist auch sehr wichtig, wenn man sich die Zahl der Frauen anschaut, die jedes Jahr an Brustkrebs erkranken.“
Paul Jank, Science Manager und Biotechnologe am Institut für Pathologie, Philipps Universität Marburg.
In welche Richtung gehen Sie an der Uni Marburg gerade mit der Forschung?
Paul Jank: Ein Forschungsfeld ist die Subklassifikationen des Wachstumsfaktorrezeptor HER2 negativ, niedrig positiv und stark positiv. HER2 ist ein wichtiger Biomarker bei Brustkrebs. Bisher war es so, dass eine zielgerichtete Therapie mit Antiköpern gegen diesen Rezeptor nur dann erfolgsversprechend war, wenn der Tumor eine stark erhöhte Konzentration von HER2 aufweist. Das allein war ja schon ein Riesendurchbruch. Gleichzeitig zeigt das aber auch sehr gut, wie Forschung funktioniert: Man hat eine These und das Ergebnis ist super, aber gleichzeitig auch ein wenig schwarz und weiß. Und dann geht man wieder an das Thema ran und beschäftigt sich mit den Grauzonen. Und das ist auch sehr wichtig, wenn man sich die Zahl der Frauen anschaut, die jedes Jahr an Brustkrebs erkranken. In diesem Fall hat also eine bundesweite Forschungsgruppe unter der Leitung der Universitätsmedizin in Marburg und der GBG herausgefunden, dass es HER2-Expressions-Subgruppen gibt, welche unterschiedlich auf die anti-HER2-Therapie reagieren. Und das war eine reine Datenanalyse. Dabei wurden die Daten von über 2000 Frauen angeschaut, die eine Kombinationschemotherapie erhalten hatten. Es hat sich gezeigt, dass bei 48 Prozent der Gewebeproben eine schwach-positive Konzentration von HER2 gab – ein eigener Subtyp von Brustkrebs.
Dann gibt es noch diejenigen Patientinnen, bei denen gar kein HER2 und auch keine Hormonrezeptoren zu finden sind. Diese Triple-negativen Patientinnen konnte man bisher nur chemotherapeutisch behandeln und das oft nicht erfolgreich. Da laufen gerade große Studien zu Immuncheckpoint-Inhibitoren.
Ziel ist es immer, herauszufinden, welche Biomarker es gibt, die eine feinmaschige Klassifizierung ermöglichen. Ziel ist es auch, die Therapie zu finden, auf die die Patientin möglichst gut anspricht.
Brustkrebsproben mit anti-HER2-Färbung, gescannt mit dem PreciPoint M8 (20x): HER2 IHC 1+ ; HER2 IHC 2+ ; HER2 IHC 3+
Gibt es noch weitere Forschungsfelder?
Viele dieser Fragen können beantwortet werden, weil die Daten digital vorliegen und Sie mit Geräten arbeiten, die schnell, präzise und vernetzt sind. Wenn Sie die Digitalisierung in der Pathologie beurteilen, was ist für Sie der aktuelle Engpass?
Angesichts solcher Datenmengen ist der Schritt zur KI fast unumgänglich?
Haben Sie Interesse an digitale Forschungsarbeit?
Entdecken Sie unseren Slide Scanner Fritz, den Digitalisierungshelfer für die Forschung und die Lehre.