PreciPoint_Digital Microscopy

Eine echte Hilfestellung: Freisinger Start-up will Brustkrebs-OPs mit speziellem Mikroskop einfacher machen

Eine Firma aus Freising hat es sich zum Ziel gesetzt, Brustkrebs-Operationen für Ärzte und Betroffene zu vereinfachen – mit einem speziellen Mikroskop.

Für fast alle Brustkrebspatientinnen ist die Operation ein wichtiger Teil der Behandlung, denn dadurch wird das Tumorgewebe aus der Brust entfernt. Um dieses näher zu untersuchen, muss es zum Pathologen ins Labor geschickt werden. Wegen Personalmangels gestaltet sich dieser Schritt aber immer öfter als schwierig.

Hier kommt das Freisinger Unternehmen PreciPoint ins Spiel: Es entwickelt ein sogenanntes vollmotorisiertes Hellfeld-Mikroskop, das in Sekundenschnelle einen Fernzugriff auf mikroskopische Proben ermöglicht – eine Erleichterung unter anderem für das Einholen einer Zweitmeinung und das kollaborative Arbeiten von Pathologen. Wie das Ganze funktioniert, erklärt Geschäftsführer Dominik Gerber.

Ein Interview von Magdalena Höcherl, Freisinger Tagblatt.

Herr Gerber, was ist das Hellfeld-Mikroskop genau?

Das System ist ein vollmotorisiertes Hellfeld-Mikroskop, das in Sekundenschnelle ein Live-Bild von mikroskopischen Proben erstellt. Das Bild wird dabei auf einen Bildschirm übertragen, die Bedienung erfolgt ohne Zeitverzögerung über einen Touchscreen oder per Mausklick. Im Moment befindet es sich noch in der Entwicklung und Zertifizierung.

Wie kam es überhaupt zu der Entwicklung dieses Geräts?

Die Entwicklung des Systems haben Pathologen angestoßen, die unser aktuelles Verkaufsmodell M8 auf Messen, Tagungen oder auf der Webseite gesehen haben, und immer wieder nachgefragt haben. In Gesprächen mit den Spezialisten wurde klar, dass es im Bereich des Schnellschnitts einen Bedarf für eine solche Lösung gibt. Wir mussten dabei vorsichtig abwägen, ob die potenzielle Markt- und Kundennachfrage den sehr hohen Entwicklungs- und Zertifizierungsaufwand rechtfertigen würde. Nachdem die Entscheidung gefallen war, haben wir ab dem Jahr 2019 mit der Entwicklung und Umsetzung begonnen.

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Was ist das Besondere an dieser Technologie?

Das System eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Pathologen. So kann schnell und einfach für eine weitere Meinung ein zweiter Pathologe herangezogen werden, der gar nicht vor Ort sein muss, sondern sich den Befund via Livestream auf jedes Endgerät mit Bildschirm holen kann – egal wo er sich befindet. Das ermöglicht eine aussagekräftigere Interpretation der mikroskopischen Probe. Eine Zweitmeinung ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn kein entsprechender Fachspezialist vor Ort ist.

Was verändert sich durch den Einsatz dieser Technologie?

Der Ablauf im Krankenhaus soll bewusst nicht grundsätzlich verändert werden müssen. Die größte Veränderung betrifft den Anwender, der nun nicht mehr durch das analoge Mikroskop-Okular schauen muss, sondern ähnlich einem Smartphone direkt am Computer arbeiten und darüber das motorisierte Mikroskop fernsteuern kann.

Und inwiefern profitieren Brustkrebs-Patientinnen davon?

Aufgrund des größer werdenden Pathologenmangels in Deutschland kommt es immer häufiger vor, dass OP-Proben zur Analyse in ein externes Labor gebracht werden müssen. Das kostet Zeit. Mithilfe des Mikroskops sind diese Transporte nicht mehr nötig, und das ist eine große Verbesserung für die betroffenen Frauen während der Operation. Auch die Zusammenarbeit von Pathologen und Chirurgen während einer Operation kann so erleichtert werden.

Wenn die Entwicklungsphase des Mikroskops beziehungsweise der Zertifizierungsprozess einmal abgeschlossen ist: Wie geht es dann weiter?

Im Anschluss an die Zertifizierung ist die internationale Vermarktung die wichtigste unternehmerische Herausforderung für uns. Die weltweite Vermarktung ist für ein junges Unternehmen eine Hürde, die nicht über Nacht genommen werden kann. Wir erwarten vielmehr, dass wir damit mindestens ein bis zwei Jahre beschäftigt sein werden, bis wir es geschafft haben, unsere Technologie rund um den Globus vorzustellen.

Gibt es bereits jetzt Kooperationen mit Krankenhäusern, beispielsweise mit dem Klinikum Freising als potenziellen Partner vor Ort?

Mit dem Klinikum in Freising besteht aktuell noch keine Zusammenarbeit. Wir arbeiten sehr eng mit der Charité in Berlin sowie den Unikliniken in Regensburg, München und Marburg. Die Zusammenarbeit in der Entwicklungsphase ist für uns ganz besonders wichtig, weil wir dadurch unsere Produktlösungen sehr eng an den Kundenanforderungen ausrichten. Nur so können wir sicherstellen, dass wir ein Gerät entwickeln, das zu einer echten Hilfestellung und Weiterentwicklung werden kann.
Artikel erschienen am 15. Oktober 2021 im Freisinger Tagblatt und online auf merkur.de