Zusammenfassung
Trotz der Fortschritte der digitalen Pathologie werden Whole Slide Imaging (WSI) und WSI-basierte digitale Pathologie in chirurgischen Laboren und im Rahmen von intraoperativen Konsultationen nur langsam angenommen. Dies ist auf die Herausforderungen, die damit einhergehen, zurückzuführen. Zu diesen gehören komplexe Arbeitsabläufe aufgrund der WSI-Integration, verlängerte Scanzeiten für intraoperative Objektträger, sehr lange Gesamtzeiten für das Scannen von Fällen, Risiken, die sich aus einer schlechten Bildqualität ergeben, logistische Probleme bei der Verwaltung großer WSI-Dateien, begrenzte behördliche Genehmigungen für die Verwendung von WSI bei kritischen Verfahren wie Schnellschnitten sowie notwendige komplexe organisatorischer Änderungen. Um diese Probleme zu überwinden, sind optimierte Arbeitsabläufe, technologische Verbesserungen, regulatorische Anpassungen, eine verbesserte IT-Infrastruktur und ein umfassendes Änderungsmanagement erforderlich. Diese Anstrengungen sind entscheidend für die effektive Integration von WSI in die chirurgische Pathologie und intraoperative Verfahren.
Was ist Whole Slide Imaging (WSI)?
WSI ist eine Bildgebungstechnologie. Sie ermöglicht es, eine permanente digitale Darstellung einer physischen Probe auf einem Objektträger zu erstellen für die spätere, rein virtuelle mikroskopische Betrachtung. Dadurch können Pathologen und Pathologinnen zeit- und ortsunabhängig virtuell mikroskopieren. Physischen Objektträger müssen nicht mehr zur Untersuchung zu Pathologen und Pathologinnen transportiert werden.
Hier sind 7 Gründe, warum Pathologielabore WSI und WSI-basierte digitale Pathologie nicht für die Digitalisierung ihrer intraoperativen Konsultationen nutzen.
#1 - WSI erweitert den Arbeitsablauf um einen zusätzlichen Schritt
Die Konsultation während des intraoperativen Eingriffs ist kein Wettlauf, bei dem es auf Sekundenbruchteile ankommt. Das allgemeine Ziel ist es, Fälle innerhalb von 20 Minuten abzuschließen. Allerdings ist die Zeit während der intraoperativen Konsultation immer knapp bemessen. Einen neuen Schritt im Arbeitsablauf hinzuzufügen ist keine Option. Mit der WSI-basierten digitalen Pathologie entfällt zwar die Notwendigkeit, physische Mikroskopie-Objektträger zur Untersuchung zu Pathologen und Pathologinnen zu transportieren. Dennoch wird ein zusätzlicher Schritt zum Bildgebungsprozess hinzugefügt: Der Objektträger muss zunächst mit einem Objektträgerscanner digitalisiert werden, bevor er dann mit einer Viewer-Software virtuell betrachtet werden kann.
#2 - Das Scannen eines einzelnen intraoperativen Objektträgers nimmt mehr Zeit in Anspruch
Während eines chirurgischen Eingriffs muss die Probenvorbereitung für die mikroskopische Beurteilung extrem schnell erfolgen. Ein Objektträger wird in der Regel innerhalb weniger Minuten manuell präpariert. Das Schnellschnittverfahren ermöglicht eine schnelle mikroskopische Analyse einer Probe. Im Vergleich dazu dauert die Herstellung eines einzigen Objektträgers aus Glas mit dem FFPE-Verfahren zur Probenvorbereitung in pathologischen Routinelaboren Stunden.
Dieser Unterschied in der Probenvorbereitungsmethodik wirkt sich sehr stark auf die mikroskopische Bildgebung aus. Bei der Echtzeit-Bildgebung mit Mikroskopen, bei denen die Benutzer:innen direkten Zugang zur Probe haben, gibt es in der Regel keine Probleme bei der Erzeugung geeigneter Bilder. Digitale Scanner hingegen stehen vor sehr komplexen Herausforderungen. Unebene Objektträger mit einer schwierigen Probentopografie erfordern spezielle Scan-Modi oder die Verwendung von Z-Stapeln für die Bilderfassung. Diese Scanmethoden sind wesentlich zeitaufwändiger als die für FFPE-Objektträger konzipierten Hochgeschwindigkeits-Scanmodi. Wenn Hochgeschwindigkeits-Scanmodi auf unebene Proben angewendet werden, werden höchstwahrscheinlich viele unscharfe Bilder erzeugt.
Infolgedessen dauert das Scannen eines einzelnen intraoperativen Objektträgers im Durchschnitt drei bis 12 Minuten, verglichen mit ein bis drei Minuten für einen Standard-FFPE-Objektträger. Diese Werte können in Abhängigkeit von mehreren Eingangsvariablen erheblich variieren. Das Verhältnis der für das Scannen benötigten Zeit bleibt jedoch relativ unverändert.
Die Scanzeit für einen intraoperativen Objektträger ist etwa drei bis vier Mal länger als für einen Standard-FFPE-Objektträger. Diese Zeit steht im Allgemeinen bei intraoperativen Eingriffen nicht zur Verfügung.
#3 - Die Gesamtzeit für das Scannen des kompletten Falles ist inakzeptabel
Intraoperative Fälle bestehen in der Regel aus drei bis vier Objektträgern pro Fall. Die Gesamtscanzeit für einen beispielhaften Fall mit vier Objektträgern kann bis zu 48 Minuten pro Fall betragen.
Es liegt auf der Hand, dass der zusätzliche Prozessschritt, der durch die WSI-basierte digitale Pathologie eingeführt wird, es höchstwahrscheinlich unmöglich macht, intraoperative Fälle innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens von 15 bis 20 Minuten zu bearbeiten.
#4 – Hohe Prozessrisiken durch Ausgabebilder geringer Qualität
Die Qualität einer Probe hat einen direkten Einfluss auf die Scanzeit und die Qualität des Ausgabebildes. Die Qualität einer Probe wird weitgehend durch die Probenvorbereitungstechnik bestimmt.
Schnell präparierte Gefrierschnitt-Objektträger weisen aufgrund der natürlichen Herausforderungen beim Schneiden von gefrorenem Gewebe eine ungleichmäßige Topografie auf. Sie beinhalten in der Regel viele Artefakte wie Eiskristalle und Schneideartefakte. Ausstriche enthalten oft überlappende Schichten von Gewebe oder Zellen.
Aufgrund der Komplexität der Proben enthält das Ausgabebild bei Verwendung der WSI-basierten digitalen Pathologie wahrscheinlich unscharfe Bilder (falsch fokussiert) und kann nur sehr schwierig akkurat beurteilt werden. Dies kann die korrekte Begutachtung und Interpretation eines virtuellen Mikroskopie-Objektträgers gefährden.
In Anbetracht der Zeitsensibilität intraoperativer Verfahren ist ein zeitaufwändiges Neuscannen keine Option, wie es bei anderen Anwendungen, z. B. in der Routinepathologie oder in der Forschung, der Fall sein könnte. Die WSI-basierte digitale Pathologie birgt also ein erhebliches neues Prozessrisiko.
Umgang mit riesigen WSI-Bildern aus chirurgischen Laboren ist eine große Herausforderung
Bei WSI-Dateien handelt es sich um sehr große Dateien mit einer durchschnittlichen Dateigröße von 500 MB für Histologie-Objektträger bis hin zu 2 GB für Zytologie-Objektträger. Die Arbeit mit ganzen Objektträgerbildern ist daher mit hohen Anforderungen an die IT-Infrastruktur verbunden.
Für die Übertragung dieser großen Dateien müssen ein geeignetes IT-Netzwerk und eine geeignete Speicherinfrastruktur vorhanden sein. Das Versenden großer Dateien zur Überprüfung durch Spezialisten und Spezialistinnen aus der Ferne führt zu zusätzlichen Arbeitsschritten und einem weiteren Zeitaufwand im Arbeitsablauf.
#6 - WSI-Scanner sind nicht für die Verwendung bei Gefrierschnittverfahren zugelassen
In vielen Ländern haben die Aufsichtsbehörden die WSI-Technologie nicht für den Einsatz bei intraoperativen Konsultationen zugelassen. Die FDA beispielsweise gibt in ihrer Klassifizierung von Medizinprodukten für Ganz-Objektträger-Imaging-Systeme (Produktcode PSY) an: „Das Ganz-Objektträger-Imaging-System ist nicht für die Verwendung von Objektträgern aus gefrorenem Gewebe, Zytologie und hämatopathologischen Proben, die nicht aus dem FFPE-Verfahren stammen (z. B. periphere Blutausstriche), vorgesehen.“
#7 - Komplexer Wechsel im Management für die Einführung WSI-basierter digitaler Pathologie-Workflows erforderlich
Die Einführung der WSI-basierten digitalen Pathologie für intraoperative Verfahren erfordert Projektmanager:innen, die in der Lage sind, ein komplexes Projekt mit vielen Beteiligten zu leiten und Veränderungen auf mehreren Ebenen voranzutreiben:
Die Techniker:innen vor Ort müssen wahrscheinlich umgeschult werden, um die Qualität der Probenvorbereitung deutlich zu verbessern und die Scanzeiten zu verkürzen. Pathologen und Pathologinnen müssen im Umgang mit der virtuellen Mikroskopie geschult werden, ohne dass sie die Möglichkeit haben, auf das lebende Präparat zuzugreifen. Es müssen Lösungen gefunden und umgesetzt werden, wenn die virtuellen Bilder nicht die entsprechende Bildqualität aufweisen. Das Qualitätsmanagement muss in die Planung, Durchführung und Dokumentation der Selbstvalidierung einbezogen werden. Die Prozessrisiken, die durch das Auftreten von unscharfen Bildern und die Einführung eines zusätzlichen, zeitintensiven Bildgebungsprozesses entstehen, sind die größten Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Denn sie stellen eine weitere Komplexitäts- und Kostenebene dar. Schließlich muss die IT-Abteilung das Problem der Verarbeitung extrem großer WSI-Datensätze in einem kurzen Zeitrahmen lösen.
Fazit
Die Digitalisierung der chirurgischen Pathologie ist alles andere als trivial. Die Digitalisierung intraoperativer Konsultationen stellt andere Herausforderungen als die der Routinepathologie. Die 7 Gründe, die in diesem Artikel genannt werden, geben eine Vorstellung davon, warum die WSI-basierte digitale Pathologie möglicherweise nicht die beste Lösung für die Digitalisierung der intraoperativen mikroskopischen Beurteilung ist. Daher sollten Pathologen und Pathologinnen sowie Pathologielabore nach Alternativen suchen und verschiedene Lösungen bewerten. Unternehmen wie PreciPoint stellen jedoch hochmoderne Digitalmikroskope wie das iO:M8 her, bei denen man nicht auf Whole Slide Image (WSI)-Scans von Objektträgern warten muss. Außerdem können Sie die mikroskopischen Live-Bilder, die auf Ihrem Bildschirm angezeigt werden, sofort beurteilen.